Burgdorfstrasse 5 und 7
1378 wurde in Diessbach erstmals ein «Wirtshaus am Bach» erwähnt. Vermutlich ist der Löwen somit das älteste Wirtshaus im Dorf. Das heutige Erscheinungsbild des Löwen geht auf 1820 zurück, der Kern ist aus dem 18. Jh. oder älter. Der Haupttrakt des Gebäudekomplexes ist ein breitgelagerter Bau mit Ründifront. Im Westen wurde ein dreigeschossiger Saaltrakt angebaut. Das Dependenzgebäude – ein Riegbau mit Mansarden – geht auf die 1. Hälfte des 19. Jh. zurück. Ursprünglich waren das zwei selbständige Gebäude. 1856/58 wurde ein Verbindungstrakt mit einem Metzgereiladen (heute Coiffeuse) gebaut.
Ein Dorf mit vielen Wirtschaften
160 Jahre nach der historisch ersten Erwähnung von Diessbach wird auch schon das erste Wirtshaus erwähnt. Möglicherweise war mit dem «Wirtshaus am Bach» auch das Alte Haus an der Schloss-Strasse 9 gemeint (A6). Wie auch immer: In Diessbach fand man Gefallen, sich in der Beiz zu treffen. Nach dem Brand des Löwen 1735 wurde vorübergehend eine Ersatz-Wirtschaft im erwähnten Alten Haus eingerichtet. Zu den älteren Gasthöfen gehört auch der «Bären». Er war 1834-1868 im Haus an der Thunstrasse 1 (heute: Wulle-Egge) untergebracht. Der neue Bären wurde 1868 anstelle der Bären-Scheune unmittelbar daneben an der Thunstrasse 5 erbaut, ursprünglich mit einer Reblaube an zwei Seiten des Hauses und einem Stall (seit 1975 Stallbar). Hier wurden die Pferde für die Postkutsche nach Heimenschwand (letzte Fahrt am 21. Mai 1922) versorgt. 1900 baute man darüber einen Saal und eine Kegelhalle. 1903 kam ostseitig eine Gartenwirtschaft mit Trinkhalle dazu. 2009 musste der Bären nach einer bewegten Geschichte geschlossen werden.
Der Rebstock (Baujahr 1800) an der Schulhausstrasse 6 diente 1847-2005 als Speisewirtschaft. Als der Bäcker Jakob Vogt wegen eines Leistenbruches seinen Beruf aufgeben musste, kaufte er 1877 den Rebstock. In seiner Gaststube wurde das erste offene Bier ausgeschenkt. 1885 baute er eine Kegelbahn. Im Rebstock kamen die acht Kinder der Familie Vogt zur Welt, die später eine wichtige Rolle im Dorf spielen sollten (W11). 1891 wurde der Rebstock an Johann Bühlmann vom «Hirschen» verkauft (siehe unten). In den nächsten zwanzig Jahren wechselten die Besitzer zehn Mal. Schliesslich wurde er von Emil Klopfstein übernommen und später von seinem Sohn Wilhelm weitergeführt (bis 1961). Seine Tochter Ruth Glauser-Klopfstein hat ihre Erinnerungen in zwei Büchern niedergeschrieben (Lebensstürme, 2007 und Dorfrundgang, 2016). 2005 musste der Rebstock geschlossen werden. Er wird heute von einer Firma genutzt, die Computer-Dienstleistungen erbringt.
Eine auch von aussen besonders schöne Speisewirtschaft ist der Sternen. Er wurde 1893 an der Burgdorfstrasse 17 gebaut und 1985 restauriert. Es handelt sich dabei um eine qualitätsvolle Riegkonstruktion mit Querfirst im damals typischen Schweizer Holzstil. Die Türblätter stammen aus der Bauzeit. Ursprünglich gab es im Dorf aber noch mehr Beizen. So den Hirschen gegenüber dem Sternen an der Burgdorfstrasse 14. 1880 gebaut, diente er aber nur bis 1893 als Wirtschaft. Der Hirschen-Wirt sicherte sich bekanntlich 1891 den Rebstock (siehe oben). Die 1905 von Hugo Hofer an der Thunstrasse 2 eröffnete Bäckerei enthielt ab 1913 auch ein Kaffeestübli, später auch Tea Room genannt. Während rund 90 Jahren wirkten hier drei Generationen Hofer als Inhaber. Es wurde 1999 deshalb passenderweise als Café Hugo wiedereröffnet. 2010 entstand daraus die Pizzeria «Da Mamma». Und heute heisst die Pizzeria «O Sole mio». Schliesslich muss auch noch das Haus beim Dorfeingang an der Thunstrasse 19 (erbaut 1903/1904) erwähnt werden. Es war bis etwa 1915 eine Kaffeehalle und wohl das erste alkoholfreie Restaurant im Dorf, geführt von J. Baumann (heute: Käsehandlung Eicher).
Wie man sehen kann, war Oberdiessbach im 19. und 20. Jh. kulinarisch bestens versorgt. Die einzelnen Gastwirte verstanden es, sich neuen Trends anzupassen. Durch die grössere Mobilität und immer speziellere Kundenwünsche hat sich der Konkurrenzkampf heute weiter verschärft. Trotzdem schaffen es immer wieder engagierte Gastwirte, gefragte Angebote zu machen. Neben den beiden Pubs (Löwen und Stallbar) wären hier etwa das Café Bistro Moschti an der Bahnhofstrasse 15 oder das Bakker’s Bistro an der Kirchstrasse zu nennen.